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Hierzu muss tatsächlich nicht viel geschrieben werden. Man kann den Rassestandard in deutscher Übersetzung z.B. hier oder im Original hier nachlesen. Eine sehr schöne Zusammenfassung zu den Chessiefarben kann man hier lesen. Nicht zuletzt auf dieser Seite hier finden sich viele Chessie-Fotos, wobei allerdings auch welche dabei sind, auf denen auch untypische Merkmale zu erkennen sind, darunter zum Beispiel die Ohren von Bruno und seine oft unkorrekte Rutenhaltung.
Auf einige Besonderheiten des Standards möchte ich aber dennoch hinweisen, weil sie  mir wichtig erscheinen:

1.  Die Funktionalität der körperlichen Merkmale des Chessies wird mit klarem Bezug  zur Arbeits- und Leistungsfähigkeit besonders herausgestellt. Hierfür einige Beispiele:

„Die Rassecharakteristika sind spezifisch darauf zugeschnitten, dem Chesapeake zu ermöglichen, mit Leichtigkeit, Effizienz und Ausdauer zu arbeiten.“
„… Die Kraft sollte allerdings nicht auf Kosten der Beweglichkeit oder Ausdauer gehen. Größe und Substanz sollten nicht übermäßig sein, da es sich um einen Arbeitsretriever von aktiver Natur handelt.“

2.  Das Wort ‚medium‘ erscheint  14 Mal im Standard, ferner zwei Mal das Wort ‚moderate‘. Extreme sollten also bei der Rasse kaum eine Rolle spielen.

3.  Im Gegensatz zu den Standards anderer Retriever finden sich hier sowohl für Hündinnen als auch für Rüden je eine Gewichtsspanne und Spanne für das Stockmaß, darüber hinaus verschiedene weitere Maße. Dies ermöglicht im Zweifel eine objektive Kontrolle im Hinblick auf die Erfüllung vieler Kriterien des Standards.  Gleichzeitig ist der Rahmen z.B. für die Höhe der Hunde recht weit gesteckt, so dass sich trotz des vergleichsweise konkreten und wenig interpretierbaren Standards verschiedene Typen abbilden lassen und die Züchter einen gewissen Gestaltungsspielraum haben.

4.  Das Fell bekommt als das typische Merkmal der Rasse eine besondere Gewichtung.

5.  Ausgewogenheit vieler Merkmale bei gutem Fell wird über wenige herausragende Einzelmerkmale gestellt.

6.  Es gibt auch eine Beschreibung des Wesens im Standard:

„Der Chesapeake wird wegen seines aufgeweckten und fröhlichen Wesens geschätzt, wegen seiner Intelligenz, seines ruhigen situationsgerechten Verhaltens und seiner anhänglichen beschützerischen Natur. Mut, Arbeitsfreudigkeit, Aufgewecktheit, Nase, Intelligenz, Liebe zum Wasser, allgemeine Qualität und, allem voran, Veranlagung sollten bei Auswahl und Zucht des Chesapeake-Bay-Retrievers erste Beachtung erfahren. Übermäßige Scheu oder übermäßig aggressive Neigungen sind nicht erwünscht in der Rasse, weder als Jagdgebrauchs- noch als Familienhund.“

Hierbei finde ich besonders interessant, welche Eigenschaften nicht im Standard stehen, denn es gibt eine Reihe von Eigenschaften, die mitunter auftreten, wohl auch akzeptiert und manchmal gar für typisch gehalten werden. Mitnichten sind sie deswegen in der Rasse erwünscht, wie mitunter behauptet wird.

Zur Geschichte des Standards
Um den aktuellen Stand und neue Entwicklungen besser verstehen und einordnen zu können, kann es hilfreich sein, eine Idee von der Geschichte zu haben. Daher habe ich mich entschlossen, hier etwas zur Geschichte des Rassestandards aufzuschreiben, wie sie von Dyane Baldwin in „The Chesapeake Bay Retriever“ dargestellt wird.

Demnach wurde von Liebhabern der Rasse 1877 im Rahmen einer Show-Veranstaltung  erstmals schriftlich eine Reihe von Maßen fixiert, darunter auch Maße für den Kopf, die sich – umgerechnet – auch heute noch in etwa so wiederfinden: 10 inch from tip of nose to base of head, 10 inch around around muzzle below eyes, length of ears 5 inch (1 inch=1 Zoll=2,54 cm). Ferner wurden drei Felltypen anerkannt: otter, curly coated and straight.

1885, im Jahr der Gründung des Chesapeake Bay Dog Club in Baltimore, Maryland, wurde der Standard etwas präzisiert, 1890 nahm der Club diesen Standard an und bewarb sich um Anerkennung von Club und Standard beim AKC, wurde jedoch abgelehnt.
Interessant an diesem Standard: Die Beine wurden „eher kurz, aber Knochen und Muskeln zeigend“ gefordert, wobei im begleitenden Text davor gewarnt wurde, dass die kurzen Beine nicht den Eindruck eines plumpen Fundaments erwecken sollten. Möglicherweise wegen einer solchen Entwicklung wurde in den folgenden Standards das Wort ‚medium‘ hierfür fixiert. Die Größe wurde mit 24 Zoll (61 cm) angegeben, das Gewicht mit 60 bis 70 Pfund (ca. 27 bis 32 kg) für Rüden und 45 bis 55 Pfund (ca. 20 bis 25 kg) für Hündinnen.
Eine überbaute Hinterhand wurde nicht gefordert. Das Fell wurde genauer beschrieben, insbesondere jetzt auch die Doppelstruktur.

1918 bewarb sich wiederum eine Gruppe von Züchtern um Earl Henry beim AKC um Aufnahme und Anerkennung ihres Standards. Sie nannte sich selbst Amerikan Chesapeake Club und hatte Erfolg mit der Bewerbung. Große Teile dieses Standards sind noch heute enthalten,  1919 kamen noch Disqualifikationen dazu,  darunter die Farbe darkbrown, während deadgrass präferiert wurde. Einige nahmhafte Züchter weigerten sich aber beizutreten, solange diese Disqualifikation bestand, so dass sie 1926 fallen gelassen wurde.  Zu dieser Zeit war die beschriebene Rückenlinie die überbaute.

Die erste große Revision wurde 1931 angegangen und führte 1933 zu einem veränderten Standard. Ein Trend zu einigen Überbetonungen des alten Standards war aufgefallen, darunter auch der Grad der Überbautheit. Es bestand die Idee, dass die stärker überbauten Hunde die besseren Schwimmer seien. Hierzu wurde eine Studie bei einem Experten für Wassersäugetiere in Auftrag gegeben, der zu dem Schluss kam, dass dies nicht so sei. Entsprechend erschien nun im neuen Standard auch die gerade Rückenlinie wegen derer Vorteile bei der Arbeit an Land. Und es fanden die Passagen zur Bevorzugung der gut balancierten, in allen Merkmalen ausgeglichenen und wohl proportionierten Hunde Eingang in den Standard.

Die nächsten größeren Änderungen gab es erst 1976: Die Augenfarbe „amber“ wurde hinzugefügt. Zur Korrektur der überwiegend steilen Hinterhände wurde nun ein gut gewinkeltes Knie gefordert. Erstmals wurde die Rutenhaltung beschrieben. Weitere Änderungen dienten eher dem besseren Verständnis und der Eindeutigkeit. Interessant ist aber, dass der Gewichtsspanne bei beiden Geschlechtern 5 Pfund hinzugefügt wurden. Aus Sorgen wegen Extremen in der Größe wurde der Zusatz. „… oversized and undersized dogs to be severely penalized“ eingefügt.

Dieser Standard bestand bis 1993, als Bemühungen um Vereinheitlichung im AKC eine Neugestaltung des Standards nötig machten. Er wurde nun in ganzen Sätzen geschrieben, ein Abschnitt bezüglich Größe, Proportion und Substanz wurde eingefügt ebenso wie einer zur Allgemeinen Erscheinung. Maße des Kopfes wurden ergänzt und präzisert, die Bevorzugung des Scherengebisses wurde eingefügt, weitere Änderungen betrafen Farbe und Abzeichen. Entsprechend AKC-Richtlinien wurde noch ein Satz zum Gangbild eingefügt.
Aus vielen Briefen an das mit dieser Arbeit befasste Kommitee ging viel Besorgnis über deutlich zu massige und große Hunde in den Show-Ringen hervor, so dass über eine konkrete Größendisqualifikation nachgedacht wurde. Letztlich wurden aber in der Hoffnung, damit diesem Problem zu begegnen, die beiden bereits oben erwähnten Sätze eingeführt: „Die Kraft sollte allerdings nicht auf Kosten der Beweglichkeit oder Ausdauer gehen. Größe und Substanz sollten nicht übermäßig sein, da es sich um einen Arbeitsretriever von aktiver Natur handelt.

Ich persönlich finde, dass man aus dieser Entwicklung und aus dem Umgang mit auftretenden Problemen einiges lernen kann und mir hilft die Kenntnis der Geschichte, die heutige Beurteilung von Chessies im Ring besser einordnen zu können. Sie hilft mir auch, meine Prioritäten bezüglich des Exterieurs zu definieren und das Ziel des typischen Chessies nicht Phrase bleiben, sondern Programm werden zu lassen.