Wie bei anderen Rassen auch gibt es beim Chesapeake Bay Retriever eine Reihe mehr oder weniger häufige Erkrankungen, die mehr oder weniger genetisch bedingt sind. Einen guten Überblick aber auch teils recht detaillierte Informationen gibt eine 2004 vom American Chesapeake Club (ACC) veröffentlichte Studie, die Gesundheitsdaten von über 3500 Hunden der vorangegangenen 10 Jahre berücksichtigt. (Ein möglicher statistischer Fehler könnte darin bestehen, dass bei einer Befragung mittels Fragebogen Besitzer kranker Hunde womöglich häufiger antworten als Besitzer gesunder Hunde, so dass die Häufigkeiten womöglich überschätzt werden.)
Auch wenn mir persönlich die Rasse als insgesamt recht gesund und robust erscheint, so muss man als Welpenkäufer doch von einem recht erheblichen Risiko einer ernsthaften Erkrankungen ausgehen, die der eigene Hund möglicherweise in seinem Leben entwickeln wird. Legt man die o.g. Studie zugrunde, mußte man in Amerika in den 10 Jahren vor 2004 in gut 15% der Fälle (d.h. bei durchschnittlich einem Welpen pro Wurf) mit einer der folgenden Erkrankungen rechnen: ED, HD, epileptiforme Anfälle, Katarakt. Ebenso hoch war ungefähr die Rate von ernsthaften und durchaus potenziell das gemeinsame Leben beeinträchtigenden Wesensproblemen wie Ängstlichkeit, allgemeine Aggressivität und Aggressivität gegen Hunde.
Hinzu kommen weitere Erkrankungen, z.B. der Haut, der Augen, der inneren Organe, des Muskel- und Skelettsystems sowie Fehlentwicklungen wie Gebissanomalien, Zwergenwuchs und andere, deren Potenzial, Leid bei Hund und/oder Mensch zu stiften, sehr verschieden ist und individuell sicher verschieden wahrgenommen wird.
Warum diese Auflistung, die sicher nicht der Abschreckung dienen soll?
1. bringen diese Tatsachen vielfältige züchterische Implikationen mit sich, die zwangsläufig auch zur Notwendigkeit von Prioritätensetzung und Kompromissen in der Wahl der Deckpartner führen. Einige Gedanken hierzu habe ich auch unter Zuchtziele formuliert.
2. bedeutet dies für potenzielle Welpenkäufer, dass es auch bei züchterischem Handeln nach bestem Wissen und Gewissen keine Garantie für einen vollständig gesunden Hund geben kann. Andererseits kann die Zucht nicht besser werden, ohne dass sie auf eine breitere Basis gestellt wird, die in der Folge eine strengere Selektion erst möglich macht. Das heißt, die Zucht hängt in ihrer zukünftigen Entwicklung auch davon ab, dass Welpenkäufer, die sich der Rasse verbunden fühlen, im Interesse dieser Rasse beim Erwerb eines Welpen auch ein gewisses Risiko eingehen müssen, den „gesunden, wesensfesten Retriever“ am Ende eben nicht erhalten zu haben.
3. möchte ich aber auch zeigen, dass der Welpenkäufer einen Einfluss haben kann und es auch positive Entwicklungen gibt. Es gibt mittlerweile drei Gentests für die Rasse, nämlich für prcd-PRA, DM und EIC, so dass diese Erkrankungen gut kontrolliert werden können und bei entsprechender Verpaarung nicht mehr auftreten sollten. Die genetische Freiheit von den Defektgenen für diese Erkrankungen sollte jedoch nicht primäres Zuchtziel sein, weil dies dem unter 2. angesprochenem Problem der Schaffung einer ausreichenden Zuchtbasis entgegen stünde.
HD und ED können immer mal wieder in einem Wurf auftreten, auch wenn die Eltern frei sind. Eine weitere Senkung der Rate wird methodenbedingt und ohne Anhebung der Röntgenquote kaum möglich sein. Auch hier können also die Welpenkäufer einen Beitrag leisten, indem sie ihre Hunde röntgen lassen.
Und schließlich ist es für zukünftige Welpenbesitzer zu empfehlen, sich ein Bild vom Wesen der Elterntiere zu machen, soweit das möglich ist, und zu prüfen, ob dies ihren Vorstellungen entspricht. Auch wenn Wesensmerkmale allgemein einer eher geringen Erblichkeit unterliegen, können Wesensteste, weitere Prüfungen und die Befragung des Züchters und/oder Deckrüdenbesitzers eine Hilfestellung bieten. Aber auch hier gibt es natürlich keine Garantien.
Es wäre natürlich schön, wenn diese Studie jetzt wiederholt würde, um objektive Daten über den aktuellen Stand zu erhalten. Gefühlt aber scheint mir die Lage zumindest bezogen auf Deutschland und auf die Gelenk- und Augenerkrankungen mittlerweile wesentlich besser zu sein. Hier hat sich die Zuchtkontrolle bewährt. Für die allgemeine Gesundheit ist das viel schwerer zu beurteilen. Ganz sicher ein großes Problem bleiben Erkrankungen, deren Erbgänge noch in keiner Weise verstanden sind und für die es auch sonst keine Methode der Objektivierung bzw. Kontrolle gibt. Hierzu zähle ich vor allem die Epilepsie. Ein Auge haben muss man auch im Rahmen von Linienzucht auf immunologisch mit bedingte Erkrankungen wie Krebsleiden, Allergien und weitere.
Bei Fragen zur Gesundheit im Allgemeinen oder zu einer individuellen Verpaarung nehmen Sie bitte Kontakt zu mir auf!